In unserer Elektrophysiologie behandeln wir Patienten mit Herzrhythmusstörungen. Anzeichen einer solchen Störung ist beispielsweise die Wahrnehmung eines veränderten, schnellen, regelmäßigen beziehungsweise unregelmäßigen Pulses oder auch eine kurze Bewusstlosigkeit (Synkope). Unser Ziel ist die frühzeitige Diagnose der genauen Ursache der Herzrhythmusstörung, um danach die bestmögliche Therapie anwenden zu können. Durch unsere umfangreichen Diagnosemöglichkeiten können wir im St. Marien-Krankenhaus angeborene und erworbene Störungen besonders schnell und sicher feststellen.
Bei Auftreten dieser Symptome kann mit Hilfe eines EKGs die Art der Rhythmusstörung herausgefunden werden. Manche Rhythmusstörungen treten jedoch nur kurzzeitig und anfallsartig auf und ein EKG-Gerät ist nicht rechtzeitig erreichbar. Hier bestehen verschiedene Möglichkeiten, die Rhythmusstörung zu dokumentieren, um die richtige Behandlung vorzubereiten: Eines 24-Stunden-EKGs, eines Tele-EKGs (Rhythmuskarte), womit der Patient den Herzrhythmus selbst aufzeichnet und ihn per Telefon an die Klinik übermittelt, oder externer bzw. implantierter Ereignisrecorder. Ferner kann mittels intrakardialem EKG den Störungen nachgegangen werden. Eine Sonde wird hierbei über einen venösen Zugang bis zum Herzen geschoben und darüber ein EKG abgeleitet (elektrophysiologische Untersuchung).
Schnelle Herzrhythmusstörungen (Tachykardien) werden unterteilt nach ihrem Entstehungsort in Vorhof- und Kammertachykardien. Kammertachykardien sind teilweise gefährlich und häufig (nicht immer) mit einer strukturellen Herzkrankheit vergesellschaftet (z.B. einer Koronaren Herzkrankheit). Vorhoftachykardien sind meistens ungefährlich, jedoch fast immer lästig und können zu Ohnmachtsanfällen oder im Falle von Vorhofflattern oder –flimmern zu Schlaganfällen führen.
Supraventrikuläre Tachykardie (SVT) bezeichnet eine ganze Gruppe verschiedener Herzrhythmusstörungen. Gemeinsam ist ihnen ein schneller Puls von mehr als 100 Schlägen in der Minute. Der Ursprung der Rhythmusstörung liegt oberhalb der Herzkammern.
Relativ häufig bei jüngeren Patienten:
AV-Knoten-Reentrytachykardien, AV-Reentrytachykardien, Ektope atriale Tachykardien
Relativ häufig bei älteren Patienten:
Vorhofflattern
Sehr häufig besonders bei alten Patienten, jedoch auch in jüngerem Lebensalter auftretend:
Vorhofflimmern
Medikamente können das Auftreten des Herzrasens meistens nicht wirksam verhindern, sind jedoch zur Verhinderung eines Schlaganfalles bei manchen Rhythmusstörungen sehr wichtig (Blutverdünnung). Im Rahmen einer Elektrophysiologischen Untersuchung mit Ablation (EPU) kann meist die Rhythmusstörung genau lokalisiert und häufig auch nachhaltig beseitigt werden.
Nach örtlicher Betäubung werden in der Leiste über ventilartige Blutgefäßzugänge in den Venen bewegliche Drähte (EP-Katheter) an verschiedene Stellen des Herzens vorgeführt und EKG´s aus dem Inneren des Herzens abgeleitet. Die Katheter werden durch Röntgendurchleuchtung sichtbar gemacht. Über elektrische Impulse wird die Rhythmusstörung ausgelöst und analysiert.
Häufig liegt dem Herzrasen eine in Kreisform fehlgeleitete elektrische Erregung zugrunde. Mit einem Verödungs-Katheter wird ein Anteil dieses Erregungskreises aufgesucht. Die Herzmuskelzellen, die an dieser Stelle die Erregung weiterleiten, werden mit Hochfrequenzstrom verödet (Ablation). Es entsteht eine kleine oberflächliche Narbe an der Herzinnenhaut.
Falls bei einer Verödung Schmerzmittel erforderlich sind, erfolgt eine medikamentöse Schmerztherapie und/oder eine leichte Narkose des Patienten.
Nach Entfernung der Katheter und Ventile wird für wenige Stunden ein Druckverband angelegt. Mit EKG und Ultraschall erfolgen Abschlußuntersuchungen.
Je nachdem, um welche Rhythmusstörung es sich handelt, ist eine Verödung/Ablation mehr oder weniger aufwändig:
Bei einer AVNRT oder Vorhofflattern genügt es meist, eine gut bekannte Stelle im rechten Vorhof zu abladieren bzw. durch Ziehen einer Linie von Punkten die kreisende Erregung zu unterbrechen.
Bei Vorhofflimmern ist es erforderlich, durch eine Punktion der Vorhofscheidewand in den linken Vorhof vorzudringen. In Voruntersuchungen wurde eine dreidimensionale Rekonstruktion des linken Vorhofes erstellt. Mit einem Navigationssystem erfolgt während der Untersuchung die Orientierung. Es werden die Mündungen der Lungenvenen aufgesucht, da hier das Vorhofflimmern seinen Ursprung hat. Jede der meist vier Lungenvenen wird elektrisch vom Rest des Vorhofes isoliert. Dies geschieht im Ersteingriff durch eine kreisförmige Verödung mit Hilfe eines Ballons, der in der Mündung der Lungenvene platziert wird. Durch kurzzeitiges Füllen mit flüssigem Stickstoff wird ringförmig an der Andruckstelle Kälte an das Gewebe verabreicht, die zur Verödung führt. Die Erfolgswahrscheinlichkeit, Vorhofflimmern zu unterdrücken, beträgt hiernach 60 - 70%. Bei einem Rezidiv des Flimmerns ist es üblich, die elektrisch undichten Stellen in einem Zweiteingriff aufzusuchen und gezielt mit Hochfrequenzstrom zu abladieren. Dasselbe gilt für untypische Ursprungsorte des Vorhofflimmerns oder Flattern des linken Vorhofes.
Bösartige Rhythmusstörungen aus den Kammern können zum plötzlichen Herztod führen. Sie werden erfolgreich durch implantierte Kardioverter/Defibrillatoren (ICD) behandelt. Wenn sie wiederholt auftreten, gefährden sie jedoch nicht nur die Lebensqualität, sondern wirken sich auch negativ auf die Lebenserwartung aus. Daher werden Entstehungsorte oder Austrittsbahnen dieser Rhythmusstörungen in den Kammern ebenfalls aufgesucht und nach Möglichkeit verödet.