Das Herzkatheterlabor (HKL) umfasst drei Messplätze, an denen mit moderner digitaler Bildverarbeitung jährlich über 3000 Herzkatheterisierungen durchgeführt werden, sowie einen Warte- und Überwachungsbereich. Dabei ist der Herzkatheter-Messplatz sowohl diagnostisch als auch interventionell ausgestattet. Das bedeutet, dass Erkrankungen können hier nicht nur festgestellt, sondern auch direkt behandelt werden.
Herzkatheteruntersuchungen werden insbesondere zur Darstellung und Behandlung von Erkrankungen der Herzkranzgefäße und vor Herzklappen-Operationen durchgeführt. Nach örtlicher Betäubung wird eine Arterie punktiert. Ein dünner Herzkatheter aus einem weichen Kunststoff wird von dort zu den Öffnungen der beiden Herzkranzgefäße vorgeschoben. Durch behutsames Einspritzen eines Kontrastmittels werden dann die Herzkranzgefäße für die Röntgenkamera sichtbar gemacht.
Zu den hier im St. Marien-Krankenhaus Siegen durchgeführten Eingriffen zählen Rechts- und Linksherzkatheterisierungen, Koronarangiographien, therapeutische Ballondilatationen und Stentimplantationen (Gefäßaufweitung, Gefäßstützen), elektrophysiologische Untersuchungen (invasive Untersuchung von Herzrhythmusstörungen), und in ausgewählten Fällen Implantation einer kathetergestützten Pumpe in der linken Herzkammer (Impella), die bei Hochrisikoeingriffen oder im Fall eines Kreislaufschocks bei Infarktpatienten zum Einsatz kommt.
Durch eine beständig verbesserte Technik und Erfahrung sowie Einsatz neuester Materialien können heute mittels Ballondilatation und Stentimplantation auch sehr komplexe Erkrankungen der Herzkranzgefässe und Bypassgefäße behandelt werden. So lag die Zahl der Ballondilatationen in den letzten Jahren bei über 1.500 pro Jahr. Trotz zunehmend komplexer Gefäßerkrankungen und entsprechend aufwendiger Eingriffe konnte die Komplikationsrate weiter gesenkt und damit das Verfahren noch sicherer gemacht werden.
Bei einer Herzkatheterisierung (Linksherzkatheteruntersuchung, auch "großer Herzkatheter" und Rechtsherzkatheteruntersuchung, auch "kleiner Herzkatheter" genannt) werden über eine pulsierende Ader (Arterie) oder nicht pulsierende Ader (Vene) vorgeformte lange dünne Kunststoffschläuche, sog. Herzkatheter eingeführt. Hierüber können Messungen vorgenommen und Kontrastmittelinjektionen durchgeführt werden. Unter Röntgendurchleuchtung lassen sich die einzelnen Herzabschnitte, v. a. Herzkammern, Herzkranzgefässe und herznahe Körper- und Lungenadern darstellen. Oft wird die Untersuchung durchgeführt, weil die Beschwerden des Patienten und Ergebnisse von Voruntersuchungen (EKG, Belastungs-EKG etc.) eine Durchblutungsstörung des Herzmuskels vermuten lassen. Die häufigste Ursache hierfür sind arteriosklerotisch bedingte Einengungen der Herzkranzgefässe. Solche Einengungen können mittels der Kranzgefässdarstellung nachgewiesen bzw. ausgeschlossen werden.
Wenn der / die Arzt / Ärztin mit Ihnen die Notwendigkeit, Bedeutung und den Ablauf einer Herzkatheteruntersuchung besprochen hat, sind bis zur eigentlichen Untersuchung noch Vorbereitungen zu treffen. Zunächst wird der Ort, an dem die Punktion (Einstich) des Gefäßes vorgenommen werden soll (Handgelenk, Leiste) rasiert. Nach der Untersuchung muss ein Druckverband angelegt werden , um eine Nachblutung zu vermeiden.
Seit Anfang 2018 werden in unserer Klinik die meisten Untersuchungen über das kleine handgelenknahe Gefäss (Arteria radialis) durchgeführt. Hierüber können Patienten sowohl einer diagnostischen Untersuchung (Koronarangiographie) als auch einer Behandlung (Ballonaufweitung = PTCA) unterzogen werden. Der besondere Vorteil besteht in der sehr guten Kontrolle der Einstichstelle hinsichtlich einer Blutung und der frühzeitigen Mobilisierung des Patienten, da - anders als bei der Leistenpunktion - die Bettruhe nach der Untersuchung nicht erforderlich ist. Außerdem ist der radiale Zugangsweg eine wichtige Alternative, wenn die Untersuchung gar nicht über Leistengefäße durchgeführt werden kann, z.B. weil diese selbst verengt sind oder bereits mittels eines Bypasses operiert wurden.
In den meisten Fällen ist eine Untersuchung auch über die Leiste möglich. Dieser Zugangsweg ist allerdings nur bei sehr kleinen Patienten, bei Vorliegen von beidseitigen Bypässen der Brustwandarterien oder der Notwendigkeit dicklumiger Führungskatheter in komplexen Fällen zu bevorzugen.
Wenn eine bedeutsame Kranzgefässverengung festgestellt wird, kann in vielen Fällen eine nicht-operative Behandlung durch eine Ballonaufdehnung vorgenommen werde. Hierbei werden Herzkatheter mit größerem Innenlumen vorgebracht. Über den Führungskatheter kann ein dünner Draht durch die zu behandelnde Engstelle manövriert werden. Über den Draht als Leitschiene werden kleine zylinderförmige Ballons in das verengte Kranzgefäss eingeführt. Anschließend wird der Ballon mit Flüssigkeit aufgedehnt und dadurch die Verengung beseitigt. Der Fachausdruck für diesen Vorgang wird mit PTCA abgekürzt, und zwar für: Perkutane Transluminale Coronar-Angioplastie.
Stent ist das englische Wort für Gefäßstütze. Es handelt sich um ein kleines Metallröhrchen, das ein maschendrahtähnliches Lochmuster aufweist. Dieser Stent kann auf einen Ballonkatheter (s.o.) montiert und in ein Kranzgefäss eingesetzt, also implantiert werden (s. Bild). Ein solche Implantation wird meist vorgenommen, da das Ergebnis der alleinigen Ballonaufdehnung mittelfristig unzureichend ist. Der vor der Implantation kleine, zusammengefaltete Stent hat nach seiner Aufdehnung genau die Größe des Kranzgefässes, verbleibt in diesem Zustand in dem Gefäß und wird im Laufe einiger Monate von einer dünnen Gewebsschicht überzogen. Eine Explantation (Herausnehmen) des Stents ist weder nötig noch möglich. Nach Absetzen des Stents wird die Oberfläche noch mit Hochdruckballons nachmodelliert und angeglichen. In der Kardiologie werden ausschließlich medikamentenbeschichtete Stents verwendet. Der Vorteil dieser Stents ist die geringe Rate von langfristigen Wiederverengungen, was dazu geführt hat, dass unbeschichtete Stents nur noch in größeren Gefäßen anderer Körperregionen eingesetzt werden. Die medikamentenbeschichteten Stents haben allerdings den Nachteil, dass es länger dauert, bis sie von einer neuen Gefäßinnenhaut überwachsen sind. Daher muss zur Vorbeugung von Thrombosen im Stent für mehrere Monate eine Medikamentenkombination eingenommen werden, die die Aktivität der Blutplättchen einschränkt.
Im Allgemeinen streben wir an, durch Belastungsuntersuchungen vor der Katheteruntersuchung zu klären, ob eine belastungsabhängige Minderdurchblutung und damit mit hoher Wahrscheinlichkeit eine wesentliche Erkrankung der Kranzgefäße vorliegt. Gelegentlich ist nach der Kontrastmitteldarstellung der Herzkranzgefäße jedoch nicht mit Sicherheit zu sagen, ob eine Verengung für die Beschwerden des Patienten verantwortlich ist oder nicht. In diesen grenzwertigen Fällen kann eine Messung durchgeführt werden, um direkt im Gefäß zu bestimmen, ob eine Verengung den Blutstrom behindert oder nicht. Hierfür wird ein spezieller Draht durch die fragliche Engstelle geschoben, welcher an seiner Spitze eine Druckmessung erlaubt. Damit wird der Blutdruck vor und hinter der Verengung gemessen. Zur Optimierung der Messbedingungen wird ein gefäßerweiterndes Medikament (Adenosin) über einen venösen Zugang verabreicht und das Verhalten des Blutdrucks vor und hinter der Verengung analysiert. Dieses Verfahren nennt sich fraktionelle Flussreserve (FFR). Sinkt der Blutdruck hinter der Verengung im Vergleich zum Blutdruck vor der Verengung um mehr als 20%, ist bewiesen, dass die Verengung hochgradig ist und aufgedehnt werden sollte. Bei fehlendem Nachweis ist es für den Patienten besser die Verengung nicht mit einem Stent, sondern ausschließlich medikamentös zu behandeln.
Die OCT ist eine hochauflösende lasergestützte Technik zur Darstellung von Gewebestrukturen. Die Positionierung des OCT-Katheters im Gefäß erfolgt in der Regel ohne zusätzliche Kontrastmittelgabe. Während der OCT-Untersuchung selbst wird eine geringe Menge an Kontrastmittel (ca. 10 ml) in das betroffene Herzkranzgefäß gespritzt, um die hohe Bildqualität zu ermöglichen. Die Auflösung der OCT-Bildsequenzen ist dabei ca. zehnmal höher als die eines Ultraschalles im Gefäß, den wir vor Einführung der OCT eingesetzt haben. Komplexe Koronareingriffe, insbesondere im ersten wichtigen Abschnitt der linken Kranzarterie (Hauptstamm), der Aufzweigung großer Gefäße oder bei viel Verkalkung erfordern die genaue Beurteilung der Größe, Lage und Positionierung eines Koronarstents. Mittels OCT lässt sich der Erfolg einer Ballonerweiterung oder das Einsetzen eines Stents im Herzkatheter für den Patienten völlig schmerzfrei und direkt in Echtzeit überwachen.
Nach einer Ballondilatation mit Stentimplantation ist ein zusätzliches Medikament erforderlich, das einen Stentverschluss durch Gerinnselbildung im Gefäß verhindern kann. Dieses Medikament (Clopidogrel, Prasugrel oder Ticagrelor) muss nach dem Eingriff für vier Wochen bis sechs Monate eingenommen werden, und zwar zusätzlich zu der lebenslang einzunehmenden Aspirintablette (z.B. ASS 100 mg). Diese Zeit verlängert sich bei einer Infarktbehandlung auf zwölf Monate.
Bei Patienten, bei welchen zusätzlich die Notwendigkeit einer Blutverdünnung (z.B. Apixaban, Rivaroxaban, Edoxaban, Dabigatran oder Marcumar) besteht, sind zur Minimierung von Blutungsrisiken Kombinationen mit Clopidogrel notwendig. In den ersten Wochen ist nach individueller Abwägung gelegentlich eine Dreifach-Kombination mit ASS besser.
Nach der Entlassung erfolgt die weitere Behandlung durch den Hausarzt und niedergelassenen Kardiologen. Wenn eine Nachuntersuchung mittels Herzkatheter (z.B. Kontrolle des Behandlungsergebnisses) erforderlich ist, wird diese sechs bis zwölf Monate nach dem Eingriff durchgeführt.